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On the theory of homogeneous composed space forms. (Theorie der homogen zusammengesetzten Raumgebilde.) (German) JFM 15.0463.01

Leipzig. Engelmann. Nova acta acad. Leop.-Carol. XLIV. 343-459 (1883).
“Homogen zusammengesetzt” nennt der Verfasser ein \(n\) dimensionales Raumgebilde, wenn erstens alle seine Teile gleichviele Grenzgebilde (Eckpunkte, Kanten, Flächen u. s. w) haben, und wenn zweitens alle diese Grenzgebilde gleichvielen Teilen angehören. So ist ein Polyeder in unseren Raum homogen aus Polyedern zusammengesetzt, wenn alle Polyeder gleichviele Ecken, Kanten und Flächen haben, und wenn auch jede Ecke und jede Kante gleichvielen Polyedern angehört. Wenn ferner ein homogen zusammengesetztes \((n- 1)\)-dimensionales Gebilde ein \(n\) dimensionales Gebilde vollkommen begrenzt, so soll letzteres selbst “homogen” heissen. Ein ebenes Polygon ist also homogen, weil sein Umfang homogen zusammengesetzt ist, indem nämlich jede Seite zwei Ecken enthält und von jeder Ecke zwei Seiten ausgehen; ebenso sind die fünf regulären Körper unseres Raums oder diejenigen Körper, welche aus ihnen hervorgehen, wenn man das Regulärsein und die Congruenz der Flächen und Ecken fallen lässt, homogen, weil das Grenzgebilde sich aus Dreiecken, Vierecken oder Fünfecken homogen zusammensetzt. Nach diesen Definitionen kann der wesentliche Inhalt des vorliegenden, innerlich und äusserlich gut ausgestatteten, grossen Aufsatzes kurz so ausgesprochen werden: Auffindung und genaue Discussion aller homogen zusammengesetzten Gebilde der Ebene und des euklidischen Raumes. Die Bestimmung der homogen zusammengesetzten Gebilde unseres Raumes liefert aber zugleich die Bestimmung der homogenen Gebilde des vierdimensionalen Raumes. Man erinnere sich nämlich, dass die Oberfläche eines homogenen Polyeders nach Entfernung einer Seitenfläche auf einer Ebene ausgebreitet werden kann, und so das liefert, was man “das zweidimensionale Netz des Polyeders” nennt. Dasselbe zählt zwar eine Fläche weniger, als die Oberfläche des Polyeders; man kann aber den rings um das Netz liegenden Teil der Ebene als Abbildung der fehlenden Fläche ansehen. Gerade so kann man das dreidimensionale Volumen eines homogenen vierdimensionalen Gebildes nach Entfernung eines der dieses Gebilde begrenzenden Polyeder in unserm Raume ausbreiten, und so das erhalten, was Herr Schlegel das “dreidimensionale Zellgewebe des vierdimensionalen Gebildes” nennt. Dasselbe zählt einen Körper weniger, als das Volumen des vierdimensionalen Gebildes; man kann aber den rings um die Abbilduug liegenden Teil des euklidischen Raumes als Abbildung des fehlenden Körpers ansehen. Indem der Verfasser nun in dem ersten Teile seines Aufsatzes eingehend die Eigenschaften aufsucht welche zwei- dimensionalen Figuren zukommen, die sich aus Polygonen homogen zusammensetzen, erkennt er, dass es drei unendliche Figuren und fünf endliche Figuren der angegebenen Art giebt. Die drei unendlichen Figuren füllen die Ebene vollständig aus. Es sind dies die hexagonale Figur, die sich aus Sechsecken so zusammensetzt, dass von jedem Eckpunkt drei Kanten ausgehen, die tetragonale Figur, die sich aus Vierecken so zusammensetzt, dass von jedem Eckpunkt vier Kanten ausgehen, und die trigonale Figur, die sich aus Dreiecken so zusammensetzt, dass von jedem Eckpunkt sechs Kanten ausgehen. Die fünf endlichen Figuren sind die dreiteilige trigonale Figur, welche Netz des homogenen Tetraeders ist, die fünfteilig tetragonale Figur, die Netz des homogenen Hexaeders ist, die siebenteilige trigonale Figur, die Netz des homogenen Oktaeders ist, die elfteilige pentagonale Figur, die Netz des homogenen Dodekaeders ist, und die neunzehnteilige trigonale Figur, die Netz des homogenen Ikosaeders ist. Im Anschluss an diese sich aus Polygonen homogen zusammensetzenden Figuren bespricht Herr Schlegel auch eingehend die homogene Bedeckung beliebiger Oberflächen, wobei sich ergiebt, dass Flächen mit verschwindender Krümmung sich nur auf die drei Arten, die den oben genannten unendlichen Figuren entsprechen, vollständig homogen bedecken lassen, dass dies bei Flächen mit positiver Krümmung nur auf fünf Arten geschehen kann, die den fünf regulären Körpern entsprechen, und dass dies bei Flächen mit negativer Krümmung auf unendlich viele Arten geschehen kann, nämlich auf alle Arten, die bei Flächen mit positiver und verschwindender Krümmung nicht vorkommen. Ein weiteres Capitel enthält die Anwendung auf die zweidimensionale Inhaltsbestimmung, wobei sich für die Ebene die Messung durch das Quadrat, die Messung durch das gleichseitige Dreieck und die Messung durch das reguläre Sechseck ergiebt. Der zweite Teil des Aufsatzes behandelt mit derselben Ausführlichkeit und in Betrachtungen, die denen im ersten Teil genau entsprechen, die dreidimensionalen Gebilde, die sich aus Polyedern homogen zusammensetzen. Es ergeben sich von solchen Gebilden im ganzen 11, nämlich ein unendlicher Körper mit endlicher Grösse aller Teile, vier unendliche Körper mit in’s Unendliche abnehmender Grösse aller Teile, und sechs endliche Körper. Da die letzteren die Zellgewebe der homogenen vierdimensionalen geschlossenen Gebilde sind, so ergiebt sich dem Verfasser die Beschreibung der sämtlichen geschlossenen homogenen Gebilde im vierdimensionalen, linearen Raume. Solcher Gebilde giebt es sechs und zwar: 1) das Fünfzell, das 5 Tetraeder, 10 Dreiecke, 10 Kanten und , 5 Ecken besitzt, deren jede 4 Körper aussendet, 2) das Sechzehnzell, das 16 Tetraeder, 32 Dreiecke, 24 Kanten und 8 Ecken besitzt, deren jede 8 Körper aussendet, 3) das Sechshundertzell, welches 600 Tetraeder, 1200 Dreiecke, 720 Kanten und 120 Ecken besitzt, deren jede 20 Körper aussendet, 4) das Vierundzwanzigzell, das 24 Oktaeder, 96 Dreiecke, 96 Kanten und 24 Ecken besitzt, deren jede 6 Körper aussendet, 5) das Achtzell, das 8 Hexaeder, 24 Vierecke, 32 Kanten und 600 Ecken besitzt, deren jede 4 Körper aussendet, 6) das Hundertzwanzigzell, das 120 Dodekaeder, 720 Fünfecke, 1200 Kanten und 600 Ecken besitzt, deren jede 4 Körper aussendet. Von diesen sechs vierdimensionalen Gebilden entsprechen das Fünfzell und Vierundzwanzigzell sich selbst dual, dagegen das Sechzehnzell dem Achtzell und das Hundertzwanzigzell dem Sechshundertzell. Hierbei sei daran erinnert, dass im vierdimensionalen, linearen Raume den Körpern mit ihren Flächen, Kanten und Ecken, die Ecken mit den von ihnen ausgehenden Kanten, Flächen und Körpern dual entsprechen, und dass ebenso den Flächen mit den auf ihnen liegenden Kanten und Ecken und den von ihnen ausgehenden zwei Körpern die Kanten mit den von ihnen ausgehenden Flächen und Körpern und den auf ihnen liegenden zwei Ecken dual entsprechen. Ferner beachte man, dass das von Herrn Hoppe und Herrn Durège gefundene, vierdimensionale Analogon des Euler’schen Lehrsatzes aussagt, dass bei jedem Zell die Summe von Körperzahl und Eckenzahl gleich der Summe von Flächenzahl und Kantenzahl ist. In einer Schlussbemerkung macht Herr Schlegel noch auf die verwandten Literaturerscheinungen aufmerksam, die von Hoppe (Hoppes’ Archiv Bd. LXIV. und namentlich Bd. LXVII.), von Scheffler (die polydimensionalen Grössen, Braunschweig, Vieweg), von Schlegel selbst (Bull. de la Soc. math., t. X.) vor allem aber von Stringham (Amer. Journal, Vol. III) herrühren. Die Arbeiten von Herrn Stringham und von Herrn Hoppe, in denen die regulären vierdimensionalen Zelle und damit also auch die homogenen gefunden werden, sind früher veröffentlicht (1880 bezw. 1881) als der Schlegel’sche Aufsatz, waren aber Herrn Schlegel bei der Abfassung seines Aufsatzes nicht bekannt. Aus den Betrachtungen des Herrn Stringham ergiebt sich übrigens auch, dass in \(n\)-dimensionalen Räumen, wenn \(n>4\) ist, nur immer drei homogene Gebilde existieren, und zwar erstens diejenigen, welche sich an das Dreieck, das Tetraeder und das Fünfzell anschliessen, zweitens diejenigen, welche sich an das Viereck, das Hexaeder und das Achtzell anschliessen, und drittens diejenigen, welche sich an das Viereck, das Oktaeder und das Sechzehnzell anschliessen.

MSC:

51E12 Generalized quadrangles and generalized polygons in finite geometry
51M20 Polyhedra and polytopes; regular figures, division of spaces
52B10 Three-dimensional polytopes
52B11 \(n\)-dimensional polytopes
52B40 Matroids in convex geometry (realizations in the context of convex polytopes, convexity in combinatorial structures, etc.)
53A04 Curves in Euclidean and related spaces
53A05 Surfaces in Euclidean and related spaces
53A07 Higher-dimensional and -codimensional surfaces in Euclidean and related \(n\)-spaces
53A10 Minimal surfaces in differential geometry, surfaces with prescribed mean curvature
53D50 Geometric quantization
57-XX Manifolds and cell complexes