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Neue Theorie der konjungierten Punkte bei gewissen Klassen von Aufgaben der Variationsrechnung. (German) JFM 52.0505.01

Von den einfachsten freien und gebundenen Extremen behandelt Verf. die Aufgaben, bei denen die Grundfunktion eine der Abhängigen \(x\), \(y\) nicht enthält, sodaß sich die Extremalen durch Quadraturen darstellen lassen; in diesem Falle gelangt er auch zu besonderen Aussagen über die konjugierten Punkte.
Bei solchen Aufgaben des freien Extrems \[ \delta I = 0, \quad I = \int F(y, x^\prime, y^\prime) \, dt, \quad x^\prime = \frac{dx}{dt}, \quad y^\prime = \frac{dy}{dt} \] findet sich in den bekannten Zeichen der Variationsrechnung \[ \left(\frac{\varDelta(t, a)}{y^\prime}\right)^\prime = -\frac{1}{{y^\prime}^2 F_1}. \tag{1} \] Es sei die Weierstraßsche Funktion \(F_1 \neq 0\) auf der vom festen Punkte \(O\) ausgehenden Extremale \(\mathfrak E\); dann lehrt (1), daß sich \(y^{\prime -1} \varDelta\), wo \(\varDelta\) die Jacobische Determinante ist, auf \(\mathfrak E\) einsinnig ändert zwischen zwei Scheiteln, d. h. zwei (zu \(O\) nicht konjugierten) Punkten 1, 2 mit Tangenten parallel zur \(x\)-Achse. \(y^{\prime -1} \varDelta\) geht zwischen 1 und 2 von \(-\infty\) bis \(+\infty\) oder umgekehrt. Auf \(\mathfrak E_{12}\) verschwindet daher \(\varDelta\) gerade einmal; zwischen zwei Scheiteln liegt mithin ein zu \(O\) konjugierter Punkt.
Ist 1 der einzige Scheitel auf \(\mathfrak E_{03}\), \(t_0 < t_1 < t_3\), und ist zunächst \(t_0 < t^0 < t_1\), so ist \[ \int_{t_0}^{t^0} \frac{dt}{{y^\prime}^2 F_1} = \left[ \frac{-c_{-2}}{t-t_1} + c_0(t-t_1) + \frac{c_1}{2} (t-t_1)^2 + \cdots\right] \, \Biggl |_{t_0}^{t^0} \] mit festen \(c\) die logarithmenfreie Entwicklung der Größe \[ D(t_0, T^0) = \int_{t_0}^{t^0} \frac{dt}{{y^\prime}^2 F_1}; \] diese ist eine für \(t^0 = t_1\) außerwesentlich singuläre Funktion von \(t^0\), die, wenn etwa \(F_1 > 0\), einsinnig wächst und beim Durchgang durch 1 von \(+\infty\) zu \(-\infty\) springt. Verallgemeinerung beim Auftreten mehrerer Scheitel für \(t > t_0\). Der Ansatz \(D(t_0, t^0) = 0\) erklärt den zu \((t_0)\) konjugierten Punkt \((t^0)\); die Werte \(t_0, t^0\) schreiten in demselben Sinne fort. Verf. gibt Anwendungen auf die Kürzesten gewisser Drehflächen und das sphärische Pendel. Weiter beweist er die Konjugiertheit zweier Scheitel.
Diese Betrachtungen übertragen sich auf isoperimetrische Aufgaben \[ \delta(I + \lambda K) = 0, \quad I = \int F(y, x^\prime, y^\prime) \, dt, \quad K = \int G(y, x^\prime, y^\prime) \, dt. \tag{2} \] Das Entscheidende ist – entsprechend (1) –, daß die Jacobische Determinante sich auf die Form bringen läßt \[ \varDelta(t, \alpha, \lambda) = y^\prime D(t_0, t), \quad D(t_0, t^0) = AC - B^2, \tag{3} \]
\[ A = \int_{t_0}^{t^0} \frac{dt}{H_1{y^\prime}^2}, \quad B = \int_{t_0}^{t^0} \frac{G_{x^\prime} \, dt}{H_1{y^\prime}^2}, \quad C = \int_{t_0}^{t^0} \frac{G_{x^\prime}^2 \, dt}{H_1{y^\prime}^2}, \] wo \(H = F + \lambda G\). Auf einer von Scheiteln 1 \((y^\prime = 0)\) freien Strecke ist nach Schwarz stets \[ AC - B^2 > 0, \quad \varDelta \neq 0; \] konjugierte Punkte sind also nicht vorhanden. Den zu \((t_0)\) konjugierten Punkt liefert der Wert \(t = t^0\), der die Größe \(D(t_0, t)\) – wiederum eine für \(t = t_1\) außerwesentlich singuläre Funktion – verschwinden macht; gerade ein solcher liegt im allgemeinen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Nullstellen von \(A\) (und von \(C\)). Hieraus folgt auch, daß zwischen zwei zu \(O\) konjugierten Punkten beim freien Extrem des Integrals \(\int (F+ \lambda_0 G) \, dt\) ein zu \(O\) konjugierter beim Extrem (2) liegt. (3) lehrt weiter, daß sich konjugierte Punkte auf \(\mathfrak E\) in demselben Sinne bewegen.
Verf. wendet diese Ergebnisse auf das Beispiel der Kurve größten Trägheitsmoments von gegebener Länge an, das sich mit elliptischen Funktionen behandeln läßt. Auf den welligen Extremalen gibt es zwischen zwei aufeinanderfolgenden Scheiteln 1, 2 gerade einen konjugierten zu dem beliebigen (von 1, 2 verschiedenen) Punkte \(O\).
Schließlich stellt Verf. fest, daß zwei Scheitel 1, 2 zu einander konjugiert sind, wenn \(G_{x^\prime} |^1 = G_{x^\prime} |^2\). Bei der genannten Einzelaufgabe trifft das zu.
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