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Zur Theorie der abstrakten elliptischen Funktionenkörper. I: Die Struktur der Gruppe der Divisorenklassen endlicher Ordnung. II: Automorphismen und Meromorphismen. Das Additionsproblem. III: Die Struktur des Meromorphismenrings. Die Riemannsche Vermutung. (German) JFM 62.0117.02

J. Reine Angew. Math. 175, 55-62 (1936); 175, 69-88 (1936); 175, 193-208 (1936).
Verf. bringt die in einer früheren Arbeit (Abh. math. Sem. Hamburgische Univ. 10 (1934), 325-348; F. d. M. \(60_{\text{II}}\), 911-913) in Aussicht gestellte ausführliche Darstellung der dortigen Ergebnisse, und zwar unter erheblicher Vereinfachung der Beweise, wodurch auch die Einbeziehung des Falles der Charakteristik 2 ermöglicht wird. Der Aufbau erfolgt jetzt rein strukturell, ohne die expliziten Formeln des Additionstheorems. Beim Beweis der Riemannschen Vermutung fallen Abschätzungen und die Anwendung des Dirichletschen Einheitensatzes weg.
Im folgenden sei \(K\) stets algebraischer Funktionenkörper in einer Unbestimmten vom Geschlecht 1 über einem algebraisch abgeschlossenen Konstantenkörper \(k\) der Charakteristik \(p\) (\(= 0\) oder Primzahl).
I. \(\mathfrak o\) sei ein beliebiger, fest gewählter Primdivisor von \(K\). Die Divisorenklassen \(C\) mit \(C^n = 1\) entsprechen eineindeutig den Primdivisoren \(\mathfrak p\) mit \(\dfrac{\mathfrak p^n}{\mathfrak o^n}\sim1\). Diese \(\mathfrak p\) sind nun genau die Zählerprimteiler des Differentialdivisors \(|D^{(\varkappa)} y_i|\) (vgl. H. Hasse, J. reine angew. Math. 175 (1936), 50-54; F. d. M. \(62_{\text{I}}\), 113-114 wobei die \(y_i\) eine Basis der nicht konstanten ganzen Multipla von \(\dfrac1{\mathfrak o^n}\) sind. Daraus ergibt sich nach dem Muster der Theorie der Weierstraßpunkte für die Anzahl \(h_n\) dieser \(C\): Für \(p\nmid n\) ist \(h_n =n^2\); bei \(p\neq0\) ist für \(n=p^\nu\), wenn \(A\neq0\), \(h_n = n\) und, wenn \(A= 0\), \(h_n = 1\), wobei \(A\) die in einer früheren Arbeit (H. Hasse, J. reine angew. Math. 172 (1934), 77-85; F. d. M. \(60_{\text{II}}\), 910-911) definierte Größe aus \(k\) ist.
II. Als Automorphismus von \(K\) wird ein Isomorphismus \(\sigma\) von \(K\) auf sich bezeichnet, der \(k\) elementweise auf \(k\) abbildet. Ein eigentlicher Meromorphismus von \(K\) ist ein Isomorphismus \(\lambda\) von \(K\) auf einen Teilkörper \(K\lambda\) von \(K\), bei dem \(k\) elementweise auf sich abgebildet wird; seine Norm wird definiert als \(N (\lambda) = [K:K\lambda]\). Die uneigentlichen Meromorphismen von \(K\) sind die Homomorphismen von \(K\) auf \(k\); sie entsprechen eineindeutig den \(\mathfrak p\) von \(K\) auf Grund von \(z\lambda=z\mathfrak p\), wobei \(z\mathfrak p\) Vertreter von \(z \bmod \mathfrak p\) in \(k\) ist. \(\lambda\lambda'\) wird durch \(z (\lambda\lambda') = (z\lambda) \lambda'\) definiert. Ist \(\lambda'\) uneigentlich und \(\mathfrak p\leftrightarrow\lambda'\), so wird \(\lambda\mathfrak p\) durch \(\lambda\mathfrak p\leftrightarrow\lambda\lambda'\) definiert. Das Meromorphismenprodukt ist assoziativ, und es gilt \(N(\lambda\lambda') =N(\lambda) N (\lambda')\). \(\mu\) heißt normiert bezüglich \(\mathfrak o\), wenn \(\mu\mathfrak o=\mathfrak o\). Diese \(\mu\), bilden ein multiplikativ abgeschlossenes System \(M\); Nullelement von \(M\) ist der zu \(\mathfrak o\) gehörige uneigentliche normierte Meromorphismus, und echte Nullteiler treten nicht auf. Für normierte \(\mu\) ist \(\mu(\mathfrak p_1+\mathfrak p_2)=\mu\mathfrak p_1+\mu\mathfrak p_2\), wobei \(\mathfrak p_1+\mathfrak p_2=\mathfrak p_3\) für \(\dfrac{\mathfrak p_1}{\mathfrak o}\,\dfrac{\mathfrak p_2}{\mathfrak o}\sim\dfrac{\mathfrak p_3}{\mathfrak o}\) geschrieen ist. Jeder Meromorphismus \(\lambda\) ist durch Angabe der \(\lambda\mathfrak p\) für unendlich viele \(\mathfrak p\) eindeutig festgelegt.
Es sei \(K\geqq K^{p^e}\geqq K\mu\) und \(K^{p^e}/ K\mu\) separabel. Dann heißt \(J(\mu) = p^e\) der Inseparabilitätsexponent von \(\mu\) und \(N_0(\mu)= [K^{p^e} :K\mu]\) die reduzierte Norm von \(\mu\). \(N_0(\mu)\) erweist sich als die Lösungszahl von \(\mu\mathfrak p= \mathfrak o\).
Sind \(x\), \(y\) Elemente mit den Nennern \(\mathfrak o^2\), \(\mathfrak o^3\), so ist \(K = k (x, y)\) mit einer Grundgleichung \(f (x, y) = 0\) von den Graden 3, 2 in \(x\), \(y\). Die \(\mathfrak p\neq\mathfrak o\) entsprechen eineindeutig den konstanten Lösungen \((x\mathfrak p, y\mathfrak p)\) der Grundgleichung. Ist \(\mathfrak K= K(X, Y)\) mit \(f(X, Y) = 0\) und mit \(K\) als Konstantenkörper, so entsprechen die Primdivisoren \(\mathfrak P\) von \(\mathfrak K\) auf Grund von \((X\mathfrak P, Y\mathfrak P)=(x\lambda, y\lambda)\) eineindeutig den Meromorphismen \(\lambda\) von \(K\). Definiert man \(\lambda_1+\lambda_2\) als den zu \(\mathfrak P_1+\mathfrak P_2\) gehörigen Meromorphismus von \(K\), so sieht das Additionstheorem der klassischen Theorie so aus: \((\lambda_1 + \lambda_2)\mathfrak p = \lambda_1\mathfrak p + \lambda_2\mathfrak p\). \(M\) ist also auch hinsichtlich der Addition abgeschlossen, und da das beiderseitige Distributivgesetz gilt, ist \(M\) ein Ring. Er hat die Charakteristik 0.
Wird für das wesentlich einzige ganze Differential \(du =\dfrac{dx}{f_y(x,y)}\) definiert: \((du)\lambda =\dfrac{d(x\lambda)}{f_y(x\lambda,y\lambda)}\), wenn \(\lambda\) eigentlich, und \((du)\lambda = 0\), wenn \(\lambda\) uneigentlich, so ist \((du)\lambda = c_\lambda\;du\) mit \(c_\lambda\) aus \(k\), und zwar ist dann und nur dann \(c_\lambda\neq0\), wenn \(K/K\lambda\) separabel, also wenn \(J (\lambda) = 1\). Das Additionstheorem für das ganze Differential erscheint in der einfachen Form \(c_{\lambda_1+\lambda_2}=c_{\lambda_1}+c_{\lambda_2}\).
III. Die grundlegende Normenadditionsformel \[ N (\mu + \nu) + N(\mu - \nu)= 2N(\mu) + 2N(\nu) \] folgt aus \[ \frac{\mathfrak o(\mu+\nu)\cdot\mathfrak o(\mu-\nu)} {(\mathfrak o\mu)^2(\mathfrak o\nu)^2}\cong x\mu-x\nu\text{ für } \mu,\nu,\mu+\nu,\mu-\nu\neq0 \] und \[ \frac{\mathfrak o(2\mu)}{(\mathfrak o\mu)^4}\cong d(x\mu)\text{ für }\mu\neq0. \] Wichtig für den Beweis dieser Divisorengleichungen ist die Tatsache, daß \(J (\mu)\) wegen \(J (\mu + \nu)\geqq\operatorname{Min} \big(J(\mu), J (\nu)\big)\) eine nichtarchimedische Bewertung von \(M\) liefert. Auch für später ist es nötig, auf die ganzrationalen Meromorphismen \(n\) einzugehen. Aus \(N (n) = n^2\) folgt \(J (n) = 1\) für \(p\nmid n\), und für \(p\neq0\), wenn \(A\neq0\), \(J (p^f) =p^f\) und, wenn \(A = 0\), \(J (p^f) = p^{2f}\). \(J (\mu)\) ist also Fortsetzung der \(p\)-adischen Bewertung des in \(M\) enthaltenen ganzrationalen Integritätsbereiches.
Aus den genannten Eigenschaften von \(N (\mu)\) folgt, daß \(\mu\) Nullstelle der imaginärquadratischen Gleichung \(z^2 - z(N(\mu + 1) - N (\mu) - 1) + N (\mu)\) ist (vgl. H. Behrbohm, Über die Algebraizität der Meromorphismen eines elliptischen Funktionenkörpers, Nachr. Ges. Wiss. Göttingen, math.-phys. Kl., FG 1, (2) 1 (1935), 131-134; F. d. M. \(61_{\text{II}}\)). Daher ist \(M\) Ordnung des rationalen Zahlkörpers oder eines imaginär-quadratischen Zahlkörpers oder einer imaginär-quadratischen Divisionsalgebra.
Jetzt sei \(k\) absolut algebraisch von Primzahlcharakteristik. Liegen die Koeffizienten von \(f (x, y)\) im Körper \(k_0\) von \(q\) Elementen, so liefert \((x\pi, y\pi) = (x^q, y^q)\) einen normierten Meromorphismus \(\pi\). Dieser genügt einer Gleichung \(z^2 - lz + q = 0\). \(\overline{\pi}\) sei der durch \(\pi+\overline{\pi}=l\) charakterisierte konjugierte Meromorphismus zu \(\mu\). Ist \(\pi\neq\overline{\pi}\), so ist \(\mu\) Ordnung eines imaginär-quadratischen Zahlkörpers, in dem \(p\) nicht unzerlegt bleibt.
Die zu \(K_0 = k_0 (x, y)\) gehörige Zetafunktion hat als wesentlichen Bestandteil \[ L(s)=1-\frac{q+1-N_1}{q^s}+\frac q{q^{2s}}, \] wobei \(N_1\) die Zahl der Primdivisoren ersten Grades von \(K_0\) angibt. Der Beweis der Riemannschen Vermutung ist daher gleichbedeutend mit dem Nachweis von \(l= q+1 - N_1\) oder auch von \(N (\pi - 1) = N_1\), und das folgt so: Wegen \(c_{\pi-1}\neq0\) ist \(J (\pi-1) = 1\), also ist \(N (\pi - 1) = N_0 (\pi - 1)\) die Lösungszahl von \((\pi - l)\mathfrak p = \mathfrak o\). Anderseits ist die Klassenzahl \(h= N_1\) die Zahl der \(\mathfrak p\), die schon Primdivisoren ersten Grades von \(K_0\) sind. Diese sind aber charakterisiert durch \((\pi - 1)\mathfrak p = \mathfrak o\).

MSC:

11R58 Arithmetic theory of algebraic function fields
14H05 Algebraic functions and function fields in algebraic geometry
14G10 Zeta functions and related questions in algebraic geometry (e.g., Birch-Swinnerton-Dyer conjecture)
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Full Text: Crelle EuDML