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Briefwechsel zwischen C. G. J. Jacobi und M. H. Jacobi, herausgegeben von W. Ahrens. Mit zwei Bildnissen. (German) JFM 38.0021.01

Leipzig: B. G. Teubner. XVII u. 282 S. gr. \(8^{\circ}\) (Abh. zur Gesch. d. math. Wiss. 22) (1907).
Der Physiker Moritz Hermann Jacobi (20. 1. 1801 bis 10.3. 1874) und der Mathematiker Carl Gustav Jacob Jacobi (10. 12. 1804 bis 18. 2. 1851) waren Söhne des Bankiers Simon Jacobi in Potsdam und blieben bis zum Tode des Mathematikers in inniger brüderlicher Zuneigung verbunden. Die Festschrift von Leo Koenigsberger: “Carl Gustav Jacobi, verfaßt zur Feier der hundertsten Wiederkehr seines Geburtstages” (”F. d. M. 35, 11-13, 1904, siehe JFM 35.0011.04 u. JFM 35.0011.05”) hat die Aufmerksamkeit auf die vielenverstreuten und noch nicht gedruckten Briefe des Mathematikers Jacobi gelenkt. Das vorliegende Buch bringt einen Teil des viel verzweigten Briefwechsels unseres großen Forschers, nämlich die zwischen ihm und dem oben genannten älteren Bruder gewechselten Briefe.
Im ganzen werden dem Leser 48 Briefe von C. G. J. Jacobi geboten und 28 von M. H. Jacobi. Die Korrespondenz bezeugt zunächst das schöne Verhältnis, das zwischen den beiden ruhmreichen Söhnen Potsdams bestanden hat. Wissenschaftliche Belehrung ist aus dem Bande nicht gerade viel zu schöpfen; doch sind manche Bemerkungen für die Geschichte der mathematischen und physikalischen Wissenschaften ganz wertwoll. Das Hauptinteresse knüpft sich an die Schilderung des gesellschaftlichen und politischen Lebens der dreißiger und vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts sowie an den Einblick, den die intimen Ergüsse der Briefschreiber in das reiche Seelenleben zweier hochstehenden Persönlichkeiten gewähren. Dadurch tritt das Brüderpaar unserem menschlichen Empfinden näher. Wir sehen, wie Gehaltszulagen, Ordens- und Titelverleihungen, die Wahlen zu Mitgliedern gelehrter Körperschaften auf sie wirken. Wir bemerken die Verschiedenheiten ihrer politischen Anschauungen: Moritz, der in Rußland unter einem unumschränkten Alleinherrscher eine freigebig geförderte Wirksamkeit entfaltet, schwärmt für den aufgeklärten Despotismus und kann es nicht fassen, daßsein Bruder in Preußen der Fahne des fortgeschrittenen Liberalismus folgt. Übereinstimmung findet man bei beiden in bezug auf die hohe Wertschätzung der Familie. Beide sind in Herzensehen glücklich geworden, und der Mathematiker, dem eine reichere und tiefere Sprache zur Verfügung steht, findet immer wieder neue überschwengliche Wendungen, das dem Menschen in der Ehe beschiedene selige Los zu preisen.
Der Herausgeber hat zu den einzelnen Briefen einen mustergültigen Kommentar geliefert, in welchem über alle berührten Personen und Vorkommnisse Auskunft erteilt wird. Trotz der reichen Belehrungen, die aus diesem Kommentar zu schöpfen sind, wäre es vielleicht bequemer für den Leser gewesen, wenn statt der an sich sehr nützlichen Verweisungen auf andere Werke, die zuweilen beliebt sind, mit wenigen Worten sachlicher Bescheid gegeben wäre.
Von den fünf Anhängen zum Briefwechsel werde das Verzeichnis der Schriften von Moritz Jacobi hervorgehoben. Während für C. G. J. Jacobi in seinen gesammelten Werken alles Nötige zusammengestellt ist, fehlte es bis jetzt an einer solchen Übersicht für Moritz, dessen Veröffentlichungen sehr zerstreut erfolgten, zum Teil in russischer Sprache (Nr. 110-133). Ferner wird im Anhang V der bisher in deutscher Sprache noch nicht erschienene Brief abgedruckt, in dem M. H. Jacobi seine bekannteste Erfindung, die der Galvanoplastik, an N. H. Fuß mitteilt (4. Okt. 1838).
Ein recht sorgfältiges, reichhaltiges Register beschließt den Band. Von den beiden sehr guten Bildnissen, mit denen die Schrift geschmückt ist, war das von Moritz schon 1901 einer russischen Jubiläumsschrift beigegeben. Neu und allen Mathematikern sehr willkommen wird das sympathische Bild von C. G. J. Jacobi sein.