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Schwere, Electricität und Magnetismus. Nach den Vorlesungen von Bernhard Riemann bearbeitet. (German) JFM 08.0620.01

Hannover 1876 (1876).
Herr Hattendorff hat die von Riemann im Sommer 1861 über die Theorie des Potentials und deren Anwendungen gehaltenen Vorträge nach seiner Nachschrift ausgearbeitet, ohne dass ein Manuscript von Riemann zu Grunde lag. Naturgemäss stimmt in der Anlage und Ausführung Vieles mit den Dirichlet’schen Vorlesungen über denselben Gegenstand (cf. das vorstehende Referat) überein, aber Riemann giebt noch sehr viel Eigenthümliches hinzu und geht, indem er in die Theorie des Potentials auch das elektrodynamische Potential hineinzieht, dem Inhalte nach über Dirichlet hinaus.
Der erste Abschnitt enthält die allgemeinen Sätze über die Potentialfunction. Definition der Potentialfunction, Laplace’sche Gleichung, Anziehung einer Kugelschale, deren Dichtigkeit nur vom Radius abhängt, die Gauss’schen Oberflächenintegrale, aus denen auf eigenthümliche, sehr elegante Weise die Poisson’sche Gleichung abgeleitet wird. Es folgen die Eigenschaften der Potentialfunction einer mit Masse belegten Fläche, die Eigenschaften des Linienpotentials. Daran schliesslich sich im zweiten Abschnitt die Green’schen Sätze. Die Green’sche Function für das Innere eines rechtwinkligen Parallelepipedons wird abgeleitet (bisher nicht bekannt). Dann folgt die Potentialfunction eines homogenen Ellipsoids, die jedoch nicht abgeleitet, sondern nur nach den Dirichlet’schen charakteristischen Bedingungen verificirt wird. Daraus werden die Sätze über Anziehung der Ellipsoide abgeleitet. Dabei findet sich jedoch eine Unrichtigkeit, die den Satz am Schluss von pag. 99 betrifft. Dieser Satz ist allerdings richtig für die Anziehung einer unendlich dünnen, von zwei ähnlichen und ähnlich liegenden Ellipsoiden begrenzten Schale; er ist falsch, wenn es sich um die Anziehung eines vollen Ellipsoids handelt. Neu ist das dann folgende Problem, das die Anziehung eines homogenen elliptischen Cylinders von endlicher Länge behandelt. Der Abschnitt schliesst, nachdem noch die Green’sche Function für eine Kugel abgeleitet ist, mit dem Satze über die eindeutige Existenz der Green’schen Function und dem Dirichlet’schen Princip.
Der dritte Abschnitt enthält die wichtigsten Sätze der Mechanik, in denen ein Potential vorkommt.
Die folgenden Abschnitte behandeln die Theorie der Elektrostatik, der Elektrodynamik, des Magnetismus und des Elektromagnetismus. Indem wir hinsichtlich der Einzelheiten auf das Original verweisen, heben wir noch hervor, dass in der Elektrostatik namentlich das Problem der zwei elektrisch geladenen Kugeln ausführlich besprochen wird, dass ferner in der Elektrodynamik neben dem Weber’schen Grundgesetz ein neues Grundgesetz aufgestellt wird. Nach dem Riemann’schen Grundgesetz, das hier zum ersten Male ausführlich dargestellt ist, muss man, um die Wechselwirkung zweier einzelnen elektrischen Theile zu erhalten, zwei Functionen \(S\) und \(D\), das elektrostatische und das elektrodynamische Potential, betrachten, die folgende Werthe haben: \[ S=-\frac{\varepsilon \varepsilon'}{r}; \]
\[ D=\frac{1}{c^2}\frac{\varepsilon \varepsilon'}{r}\left\{(\frac{dx}{dt}-\frac{dx'}{dt})^2+(\frac{dy}{dt}-\frac{dy'}{dt})^2+(\frac{dz}{dt}-\frac{dz'}{dt})^2\right\}, \] wobei \(x,\;y,\;z\); \(x_1,\;y_1,\;z_1\) die Coordinaten der beiden Theilchen sind, \(r\) ihre Entfernung, \(c\) eine Constante, \(\varepsilon,\;\varepsilon'\) die elektrischen Massen. Dann ist die \(x\)-Componente der Wirkung auf das erste Theilchen \[ \frac{d\frac{\partial D}{\partial x'}}{dt}-\frac{\partial D}{\partial x}+\frac{\partial S}{\partial x}, \] wobei \(x'=\frac{dx}{dt}\) ist und die \(\partial\) partielle Differentiationen bezeichnen. Den Schluss bildet die Theorie des Erdmagnetismus; dabei wird der Fundamentalsatz für die Entwickelung nach Kugelfunctionen abgeleitet.