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Problems of cosmogony and stellar dynamics. Being an essay to which the Adams prize of the university of Cambridge for the year 1917 was adjudged. (English) JFM 47.0848.01

Cambridge: University Press, VII u. 293 S. \(8^\circ\) (1919).
Das vorliegende Buch stellt eine durch neue Resultate erweiterte Preisschrift dar, die dem Verf. den Adams-Preis für das Jahr 1917 eingebracht hatte: Die Preisfrage war: “Die Diskussion der allmählichen Entwicklung der Gleichgewichtsfigur einer rotierenden gravitierenden Flüssigkeit nebst Untersuchung ihrer Stabilität.” Dies ist auch das hauptsächliche Thema des inhaltreichen Werkes. Im Gegensatz zu den meisten seiner Vorgänger beschränkt sich der Verf. dabei keinesfalls auf die Untersuchung homogener Flüssigkeiten, zieht vielmehr auch heterogene und gasförmige Massen in den Kreis seiner Betrachtungen hinein. Die mathematische Kosmogonie wird nicht umhin können, ihm auf diesem Wege zu folgen. Sie wird auch, wie der Verf. es tut, sich mit den “katastrophalen Umwälzungen”, die in Wirklichkeit einfach schnell verlaufende dynamische Probleme sind, eingehend beschäftigen müssen. Daßsich hier dem Forscher heute noch geradezu unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstellen, daßman sich zumeist nur mit heuristischen Betrachtungen wird begnügen müssen, liegt auf der Hand. Man wird also dem Verf., der in temperamentvoller Weise, nicht ohne Schwung, die Führung in dieses dunkle Gebiet übernommen hat, zu aufrichtigem Dank verpflichtet sein. Etwas günstiger ist die Lage, wo es sich um homogene Flüssigkeiten und namentlich um Existenzfragen handelt.
Hier stehen die grundlegenden Arbeiten von Liapounoff über die neuen Gleichgewichtsfiguren in der Nachbarschaft der Flüssigkeitsellipsoide (und ihre Stabilität), die bereits 1914 im wesentlichen abgeschlossen vorlagen, zur Verfügung. Sie sind leider nur wenig bekannt geworden, weshalb die meisten neueren Autoren sich immer noch der alten heuristischen Poincaréschen Methoden bedienen. Wie wenig die Liapounoffschen Abhandlungen verbreitet sind, beweist u. a. die Bemerkung auf S. 88, sie wären zum großen Teil in russischer Sprache abgefaßt, während dies nur für die Dissertation (1884) zutrifft. Alle anderen Abhandlungen über die Gleichgewichtsfiguren (1903-1916, zehn Arbeiten von insgesamt mehr als 1000 Seiten Quartformat Umfang) sind in französischer Sprache abgefaßt; übrigens ist auch die Dissertation im Jahre ;1907 ins Französische übersetzt worden (Toulouse Ann. (2) 9, 203-474).
Es ist also natürlich, daßder Mathematiker bei der Lektüre des vorliegenden Werkes nicht auf seine Kosten kommt – abgesehen von den elementaren Betrachtungen über die Jacobischen und Maclaurinschen Ellipsoide, findet er nur ganz vereinzelt wirklich streng begründete Resultate –, auch dort, wo sie nach Liapounoff zu erlangen wären. Gleichwohl ist die Bedeutung des vorliegenden Werkes als Quelle für Anregungen, auch für einen Mathematiker, nicht gering einzuschätzen.
Nun zu dem Inhalt im einzelnen. Das Ganze gliedert sich in zwölf ungefähr gleich lange Kapitel. Das erste einleitende Kapitel bringt eine kurze Übersicht unserer Kenntnisse über die kosmischen Nebel, sowie eine Darstellung der wichtigsten kosmogonischen Hypothesen. Das zweite Kapitel bringt Ausführungen über die Lagrangeschen Bewegungsgleichungen der Mechanik, insbesondere für rotierende Systeme, nebst Stabilitätskriterien. Es folgen (Kap. III) im wesentlichen nach Poincaré und Darwin gehaltene Betrachtungen über die Maclaurinschen und Jacobischen Ellipsoide, das “Doppelsternproblem”, die Rocheschen Ellipsoide u. dgl., stets Existenz- und Stabilitätsbetrachtungen zugleich. Die beiden nächstfolgenden Kapitel sind der Theorie der neuen Gleichgewichtsfiguren in der Nachbarschaft der Ellipsoide, im wesentlichen nach Poincaré und Darwin, gewidmet. Hier wird auch die Theorie rotierender flüssiger Zylinder behandelt. In ein Neuland begibt sich der Verf. im sechsten Kapitel, das den Titel trägt: “Bewegungszustände, wenn es keine stabile Gleichgewichtsfigur gibt.” Hier handelt es sich um “katastrophale” Vorgänge im Leben eines Himmelskörpers, in Wahrheit zwar sehr schnell, an sich jedoch durchaus gesetzmäßig verlaufende Bewegungen. Das siebente Kapitel behandelt die Bewegung zusammendrückbarer und heterogener Massen. Hier sind genau so wenig wie in dem vorhergehenden Kapitel abschließende, streng begründete Resultate zu erwarten. Es folgen: Entwicklung einer Gasmasse (Kap. VIII), Entwicklung eines rotierenden kosmischen Nebels (Kap. IX), Entwicklung von Sternhaufen (star-clusters) (Kap. X), Entwicklung der Doppel- und Vielfachsterne (Kap. XI), Ursprung und Entwicklung des Sonnensystems (Kap. XII). (VI. 4 B.)