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Einführung in das Studium der theoretischen Physik, insbesondere in das der analytischen Mechanik, mit einer Einleitung in die Theorie der physikalischen Erkenntnis. Vorlesungen. (German) JFM 31.0664.01

Leipzig: B. G. Teubner. XVI + 370 S. gr. \(8^\circ\) (1900).
Der Inhalt dieses Buches umfasst: I. Einleitung in die Theorie der physikalischen Erkenntnis. II. Die Grundlagen der Galilei-Newton’schen Mechanik und ihre Consequenzen für die Mechanik eines materiellen Punktes, beziehungsweise eines Massenpunktes. III. Die Mechanik eines Massensystems für discrete und continuirliche Massen. IV. Anwendungen insbesondere der Flächensätze auf Methoden- und Instrumentenlehre der praktischen Physik. V. Theorie der Hydrostatik. VI. Einführung in die Behandlung geophysikalischer Fragen. VII. Einführung in die allgemeinen Principe der Mechanik. Jedem Teile ist die genaue Disposition mit den Ueberschriften der einzelnen Paragraphen vorgedruckt. Am Ende der einzelnen Teile befinden sich kurze historische Uebersichten: die Namen der Hauptforscher auf dem betreffenden Gebiete mit Geburts- und Todesjahr, die Titel ihrer Quellenwerke.
Die Haltung des Werkes entspricht den Veröffentlichungen des Verf. aus dem letzten Jahrzehnt, die eine ausgesprochene Hinneigung zu erkenntnistheoretischen Fragen, eine Bevorzugung der historischen Elemente der Wissenschaft, besonders eine uneingeschränkte Wertschätzung der Leistungen Newton’s bekundeten. Die durchgehende Betonung philosophischer Auffassung, der enge Anschluss an die Leistungen der führenden Geister bilden eigentümliche Vorzüge des Werkes, durch die es eine grosse Anzahl interessirter Leser anziehen wird, sei es zustimmender, sei es widersprechender. Besonders wird die Wirkung auf die studirende Jugend eine nachhaltige sein, und es ist dem Verf. als Verdienst anzurechnen, diese beim Studium oft vernachlässigten Richtungen, für welche der Jüngling so leicht empfänglich ist, nachdrücklich betont zu haben.
Bei der sonstigen Auswahl des Stoffes ist offenbar die Rücksicht auf physikalische Anwendungen massgebend gewesen; aber auch die persönliche Vorliebe des Autors für manche der von ihm gepflegten Gebiete ist erkennbar, so in der verhältnismässig weit gehenden Behandlung der Capillaritätstheorie, wo sogar auf schwebende Streitfragen mit einer Breite eingegangen ist, die zu dem sonst nur das Allgemeine berührenden Vortrage nicht recht passt. Wer in dem Werke nämlich ein Eingehen auf besondere Fragen sucht, wird meistens enttäuscht werden, besonders in Bezug auf mathematische Entwickelungen der Mechanik, einer Disciplin, welche der Verf. ja doch als Grundlage für alle physikalischen Einzeldisciplinen proclamirt.
Dem Wesen des Jahrbuchs entspricht es, in diesem Referate nicht auf eine Kritik von Einzelheiten einzugehen. Um jedoch einigen Wünschen Ausdruck zu geben, möchte Ref. bemerken, dass er die Behandlung der relativen Bewegung mit ihren physikalisch interessanten Fragen ungern vermisst. Sollte es mehr als ein Uebersehen sein, dass der Name Streintz in dem Buche nirgends vorkommt? Auch das Fehlen eines Forschers wie Karl Pearson, von dem doch Mach sagt, dass er sich mit ihm in vielen Dingen eins fühle, fällt auf. Zu der Nacherzählung der Stelle aus Brewster’s Lebensbeschreibung Newton’s bezüglich der Entdeckung des Zusammenhanges der Schwere und der Gravitation, insbesondere der Rolle, die Picard’s Gradmessung dabei gespielt haben soll, ist zu bemerken, dass Rosenberger in “Isaac Newton und seine Principien” (Leipzig, 1895, S. 118 ff.) alles für eine Legende erklärt und seine Auffassung durchaus glaubhaft macht. Warum ist dieses vom Verf. gar nicht beachtet worden? Endlich auch ein kleines Versehen: Der französische Astronom heisst Delaunay, nicht Delauny, wie im Text und im Register steht.